Spotify und Apple tun es. Coca-Cola setzt darauf. Die Direktbank ING auch. Viele Start-ups, kleine und mittlere Unternehmen haben sich ebenso dafür entscheiden: für Agilität, für agiles Arbeiten. Sie alle merken, dass diese neue Art des Arbeitens ihre Unternehmen flexibler, schneller und innovativer macht.
Begonnen hat dieser Wandel in der Softwarebranche. Siebzehn Entwickler veröffentlichten im Jahr 2001 in den USA das Agile Manifest, um ihrer Arbeit mehr Fokus, mehr Freiraum und mehr Sinn zu geben. Inzwischen ist die Arbeitsweise in allen Branchen anzutreffen. Denn agiles Arbeiten verspricht neue Erfolge vor dem Hintergrund neuer Aufgaben.
Agile, wie es im Englischen heißt, verändert die Art und Weise wie wir arbeiten nachhaltig. Entscheidend ist aber ein anderer Aspekt. Agile verändert unseren Fokus am Arbeitsplatz – für wen wir heute arbeiten: für den Kunden. Nicht für den Chef oder die Chefin, nicht für den Plan, nicht fürs Papier. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den selbstorganisierten kleinen Teams konzentrieren sich darauf, nicht mehr Arbeit zu schaffen, sondern mehr Wert. Das formulieren die Autoren bereits in den vier Leitsätzen ihres Manifests. Sie schätzen
- Individuen und Interaktionen mehr als Prozesse und Werkzeuge
- Funktionierende Produkte mehr als umfassende Dokumentation
- Zusammenarbeit mit dem Kunden mehr als Vertragsverhandlungen
- Reagieren auf Veränderungen mehr als das Befolgen eines Plans
Agile – das Konzept zur digitalen Transformation
Nur, was heißt das, agiles Arbeiten? Welche Methoden und Werkzeuge gibt es? Wo hat es den stärksten Effekt? In der Produktentwicklung, im Management oder in der Buchhaltung? Und was kostet der Wechsel zum agilen Arbeiten?
Die Antwort darauf ist einfach: Er kostet Mut, Ideen, Vertrauen, Geduld und viel Zeit. Das schwierigste Investment ist, sich selbst, seine Ideen und seine wertvolle Zeit in diese neue Art des Arbeitens einzubringen. Dafür müssen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sowie Führungskräfte einiges verlernen, was viele noch bis heute für einen Standard halten. Aber der Reihe nac
1. Was heißt agiles Arbeiten?
Bisher funktionierten Unternehmen nach dem Wasserfall-Prinzip. Es gibt einen festen Plan, der definiert das gesamte Projekt von Anfang bis Ende. Eine Abteilung nach der anderen erledigt ihre Aufgabe. Die Organisation ist hierarchisch strukturiert. Es gibt immer einen, der die Entscheidungen trifft und verantwortet.
Agiles Arbeiten krempelt diese Praxis gründlich um. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit den verschiedensten Qualifikationen arbeiten gleichberechtigt in kleinen Teams gemeinsam an einem Projekt, bis es fertig ist. Sie definieren zusammen das Ziel und entscheiden selbst, wie sie es erreichen. Dabei zerlegen sie die Aufgabe in Teile und erarbeiten diese jeweils in kurzen Zeitabschnitten.
Nicht der Chef und nicht die Chefin, sondern das Team ist verantwortlich für den Erfolg. Der beginnt mit einem kurzen Meeting am Morgen, in dem jeder oder jede berichtet, wie er oder sie vorankommt. Genauso wichtig für die Kommunikation ist das Feedback. Das Team spricht regelmäßig darüber, was wie gut klappt, was nicht klappt und wie die Mitglieder das gemeinsam verbessern wollen. Auf diese Weise können alle schneller auf veränderte Bedingungen und neue Ideen reagieren.
2. Welche agilen Methoden und Werkzeuge gibt es?
Agiles Arbeiten funktioniert nicht auf Knopfdruck. Wichtig ist, dass von der Chefin bis zum Praktikanten alle verstehen, warum die Firma Agilität braucht. Denn nicht nur das Team, auch die Strukturen verändern sich in der agilen Organisation. Wenn die Neugier und das Bedürfnis, agil zu arbeiten geweckt sind, entscheiden Sie, welche Methode am besten zu Ihrem Unternehmen passt.
Zur agilen Transformation gibt es viele Bücher, Ratgeber und Tutorials. Aber es gibt keinen Hammer, der den Nagel trifft, sondern die Methoden sind Frameworks. Sie wollen und sollen keine starren Regeln sein, sondern bieten eine Rahmenstruktur. Innerhalb dieser arbeitet jedes Team an seiner eigenen agilen Praxis. Die vier wichtigsten Frameworks sind:
Scrum:
Der Begriff kommt vom Rugby und bedeutet, dass ein crossfunktionales Team nach bestimmten Regeln und in definierten Rollen zusammenarbeitet. Der Schwerpunkt liegt auf dem täglichen Austausch und auf der flexiblen Neubewertung von Plänen. Die Arbeit erfolgt in kurzen Zyklen, sogenannten Sprints, die immer wiederholt werden. Konstruktives Feedback, Fehlerkultur und Retrospektive auf die eigene Arbeit gehören ebenso dazu.
Kanban:
Die Methode diente ursprünglich dazu, die Produktion bei Toyota zu optimieren. Auch hier steht die Selbstorganisation des Teams im Mittelpunkt. Am Kanban-Board machen Post-its transparent, was zu tun ist, wer was macht und was bereits erledigt ist. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen suchen sich ihre Aufgaben aus. Ziel ist es, unnötige Arbeit zu vermeiden, Engpässe zu erkennen und Schwerpunkte zu setzen. Diese Maßnahmen sollen die Produktivität steigern und zur ständigen Verbesserung anhalten.
Design Thinking:
Dieser Ansatz löst Probleme kreativ und hilft, gute Ideen zu finden. Drei Säulen tragen das Konzept: Team, Raum und Zeit. Ziel ist es, sinnvolle, relevante Produkte für die Kunden zu entwickeln. Ein interdisziplinäres Team begibt sich in den offenen Prozess, der aus folgenden Schritten besteht: Verstehen, Beobachten, Ideenfinden, Überprüfen/Prototyping, Verbessern, Umsetzen und Lernen.
Lean Management:
Bei diesem Führungs- und Organisationskonzept geht es um die effiziente Gestaltung der gesamten Wertschöpfungskette in Unternehmen. Es strebt höchste Qualität und geringste Verschwendung an. Im Mittelpunkt stehen die Kundenbedürfnisse. Eine schlanke Organisation, kundenorientierte Strukturen, schnelle Reaktion auf Fehler und hohe Eigenverantwortung helfen, Kundenwünsche bestmöglich und effizient zu erfüllen.
3. Wo hat agiles Arbeiten den stärksten Effekt?
In der Software-Entwicklung ist Agilität Standard. So reagieren die Teams schneller auf neue Entwicklungen und spannende Veränderungen und können sie in laufenden Projekten berücksichtigen.
Auch für das Projektmanagement in Marketing, Vertrieb und Personalwesen setzen Unternehmen zunehmend agile Methoden ein, um schnell, flexibel und kreativ zu sein. Wichtig ist, dass sich die Aufgaben in einzelne Schritte zerlegen lassen, die als Teilergebnis nützlich sind. Die Aufgaben sollten keine Routinen und wenig standardisiert sein. Deshalb findet sich im Controlling und in der Buchhaltung weniger Bedarf für Agilität.
Allerdings berichten Firmen, dass der Effekt des agilen Arbeitens erst richtig stark ist, wenn das gesamte Unternehmen agil arbeitet. Zum Beispiel hat die niederländische Bank ING einige Jahr lang zwar die Softwareabteilung agil aufgestellt, aber eben keine andere. Der Effekt innerhalb des Teams war gut, aber für das Unternehmen war der Erfolg nicht messbar. Erst seitdem die gesamte Organisation agil arbeitet, sieht die Bilanz deutlich anders aus.